China – eine Serie: Die Ankunft.

Vor einiger Zeit, genau genommen im Jahr 2007, führte mich mein Weg nach China. Direkt im Anschluss an mein Ingenieurstudium. Was würde mich außer meiner Arbeit bei einem namhaften Automobilhersteller sonst so erwarten?

So viel war klar – ich konnte mir nicht vorstellen, wie es werden würde, wie schwer mir der Abschied von meinen Lieben fallen würde, wie schwer die Landung und die Ankunft in einer völlig anderen Kultur für mich sein würden.

Ich möchte diese intensive, herausfordernde, aber unheimlich wertvolle Zeit nicht missen. Danke für diesen Weg.

In den nächsten Beiträgen möchte ich von dieser Zeit erzählen. Ich schreibe so, wie ich damals in Briefen (ja, es gab schon Emails, aber Briefe hört sich doch besser an) nach Hause schrieb.

Teil 1 – Die Ankunft

Diese Ankunft und der erste Tag hier in Beijing waren für mich vielleicht der größte Schritt in meinem bisherigen Leben. Nicht nur vielleicht. Nein, das war es definitiv! Ich habe am Flughafen erst mal richtig geheult. Vorher dachte ich natürlich, dass ich stark bleibe und nicht weinen werde. Schließlich kam ich nach zehn Stunden Flug in einer völlig anderen Welt an. Meine erste SMS nach Hause lautete: “Das Flugzeug ist wieder auf der Erde gelandet, der gleiche Planet.” Am Abend musste ich diese Meinung deutlich revidieren. Nicht nur, dass ich hier ganze sechs Stunden voraus bin – nein, das ist hier definitiv ein anderer Planet. Mal ehrlich, ich habe zuvor schon ein paar Dinge über China gewusst, aber als ich hier ankam, da wollte ich sofort wieder weg. Die dreckige Luft, das zunächst noch fremde Essen, krasse öffentliche Toiletten, die Lautstärke, der Straßenverkehr, die vielen bombastischen Hochhäuser, extreme Menschenmengen, Gewusel von früh bis spät, von Montag bis Sonntag in der immer stärker zunehmenden Hitze und die Aufmerksamkeit – als Ausländer ständig unter Beobachtung zu stehen. Es geht den Leuten hier in der Hauptstadt nicht schlecht, nur weil alles vielleicht “ärmer” und älter als in Deutschland aussieht. Man kommt hier mit weitaus weniger materiellen Dingen zurecht, als in der westlichen Welt. Vieles ist alt oder verschmutzt, funktioniert aber einwandfrei. Ok, das ist nur ein einziger Eindruck und auch nur der eines Ausländers in Beijing. Aber mit diesem und all den anderen ersten Eindrücken, die ich so nach und nach verarbeitete, musste ich an einem sonst so ruhigen und nun völlig verdrehten Sonntag, ganz auf mich alleine gestellt, klar kommen. Die totale Reizüberflutung! Während dieser Ankunft begleitete mich meine Lektüre „Ich bin dann mal weg“ von H.P. Kerkeling. Schon komisch, was seine Pilgerreise mit meiner Geschichte verbindet. Er schreibt: “Ich stelle mir Erleuchtung wie ein Tor vor, durch das man schreiten muss. Wahrscheinlich darf man keine Angst haben, durch das Tor zu treten, und man darf es sich andererseits auch nicht zu sehr wünschen, hindurchzugehen. Je gleichgültiger man durch das Tor der Erleuchtung zieht, desto schneller und einfacher passiert es vielleicht? Man darf sich nicht nach dem sehnen, was hinter dem Tor ist, und nicht das hassen, was vor dem Tor ist. Es ist gleichgültig. Vielleicht ist Gleichgültigkeit ja Lebensfreude? Keine Erwartungen, keine Befürchtungen. Erwartungen verursachen Enttäuschung. Enttäuschung verursacht Befürchtung und Befürchtung ist ja wieder Erwartung. Hoffnung erzeugt Angst, Angst erzeugt Hoffnung.” … Gut. Ich werde offen und neugierig sein, ich werde viel aufschreiben und noch mehr fotografieren. China ich komme!